
Das endliche Warten – die Zukunft als Lebensmotivation, die immer die Zukunft bleibt
Stapeln sich bei Dir wieder Aufgaben, Lektüren und Texte? Die To-Do-Liste wird immer länger, weil Du alles auf den nächsten Tag verschiebst? Vielleicht ist im Moment die Klausurenphase und Du musst parallel noch lernen?
Erst kommt der Frust, Angst und schlechte Gefühle – vielleicht auch Wut und Unzufriedenheit. Sobald Du es akzeptiert hast, kommt: „Das nächste Semester wird besser“ und dann „Der Master wird besser“ und dann „Nach dem Studium, im Beruf wird es besser“ und dann „Am Feierabend und Wochenende wird es besser“ und dann „In zwei Jahren bin ich in Rente, da wird es endlich schön!“ und dann stellt man fest, dass das Leben schon fast vorbei ist.
Aus philosophischer Sicht ist das Leben ein bisschen wie der Mythos vom Sisyphus: Täglich schieben wir einen Stein auf den Berg, der am Abend wieder herunterrollt – jeden Morgen der gleiche Ablauf. Jeden Tag haben wir eine volle To-Do-Liste, die wir abarbeiten und am nächsten Morgen, wieder neue Aufgaben. In der Natur finden wir die gleiche Struktur: Ein Baum steht, lässt seine Blätter im Herbst fallen und im Frühling wachsen sie wieder. Ein Bär baut Fettreserven für den Winter auf und schläft bis zum Frühling, um dann wieder zu sammeln. Die Natur ist in ständiger Routine – ohne Sinn und Zweck? Das wäre wieder eine neue philosophische Debatte – also fokussieren wir uns wieder auf den Menschen: Nach Friedrich Schiller unterscheidet sich der Mensch von Tieren anhand eines Merkmales: Der freie Wille – dieser macht unsere Entscheidungen menschlich und nicht nur naturbestimmt. Dieser freie Wille sollte mit der Vernunft einhergehen – unsere Entscheidungen, die wir aus freiem Willen treffen, sollten vernünftig sein. Das bedeutet, dass alles, was wir im Leben tun, unsere Entscheidung sein sollte – die dazu auch noch vernünftig sein sollte.
Vieles können wir tatsächlich nicht selbst bestimmen, wie z.B. bis zu einer gewissen Klassenstufe in die Schule zu gehen oder eine Aufgabe in einem Seminar zu machen, um den Kurs zu bestehen. ABER: Wir können das was wir tun rational und vernünftig überdenken – wieso bin ich hier? Was mache ich hier und wieso? Wäre etwas anderes vernünftiger?
Stelle Dir vor, wir sitzen in diesen Moment an der Uni in einem Seminar. Betrachte die Situation aus einer anderen Perspektive – und frage Dich: Wo bin ich gerade?
Vielleicht kannst Du es so sehen: Du bist als Person an einem Ort, an dem sich andere Personen treffen, um sich zu bilden, zu diskutieren, sich auszutauschen, voneinander zu lernen, neue Sichtweisen kennenzulernen – während viele Menschen auf der Welt sich genau das wünschen, darfst Du tatsächlich hier sein und über die Welt nachdenken. Anstatt, wie Sisyphus jeden Tag einen Stein auf den Berg zu rollen, kannst Du kurz aus dem Steinerollen aussteigen. Du darfst Dir überlegen, wieso man im Leben einen Stein auf einen Berg rollt, wozu und mit welcher Einstellung. Mit diesem Wissen schiebst Du den Stein später vielleicht auf Deine eigene Art und Weise – so, dass es keine Qual ist, sondern vielleicht Freude, die Du auch auf andere übertragen kannst.
Also genauso, wie die Natur, im Frühling wieder fröhlich aufzublühen?